Indien - Geographischer Bericht

Wir reisen in der Funktion von Geographiestudenten, so wollen wir unsere bereisten Laender einer eingehenden geographischen Betrachtung unterziehen.

Unser erstes Land Indien haben wir 7 Wochen (2.Oktober bis 24. November 2006) lang erkundet und koennen nun an dieser Stelle unsere Erfahrungen und Beobachtungen praesentieren. Zur kurzen Erinnerung hier nochmal die Staedte, die wir in Indien besucht haben: Gestartet sind wir in Mumbai, dann ging es nach Pune. Ueber Nacht ging es weiter mit dem Bus in den Bundesstaat Goa, wo wir in den Staedten Panjim und Madgaon uebernachteten. Anschliessend standen Mangalore und Bangalore auf dem Programm, von dort fuhren wir ueber Mysore und Ooty nach Coimbatore. Hier war der Ausgangspunkt fuer unsere Tempeltour, die uns quer durch den Staat Tamil Nadu fuehrte, als wichtigste Stadt auf der Tour sei hier Madurai genannt. Zurueck in Coimbatore nahmen wir einen Zug nach Kannur im Staat Kerala. Von hier aus brachen wir fuer ein Wochenendtrip nach Kalpetta auf, ein kleiner Ort in den Westghats. Von Kannur aus fuhren wir ueber Nacht im Bus nach Bangalore, von wo aus ein Zug am gleichen Tag nach Hyderabad abfuhr. Eine 28stuendige Zugfahrt brachte uns nach Delhi. Innerhalb unseres Aufenthaltes dort fuhren wir fuer einen Tagesausflug nach Agrar zum Taj Mahal. Fuer ein Wochenende fuhren wir nach Jaipur im Bundesstaat Rajastan. Von Delhi aus steuerten wir unsere letzte Stadt in Indien an, Kolkata (Kalkutta). Mit dem Bus ging es von dort nach Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesh.

Indien...

...biogeographisch

Indien ist ein Land, in dem fuer uns in erster Linie die Menschen im Vordergrund standen. Zum einen liegt das daran, dass ein Grossteil der Flaeche von Menschen bedeckt ist, zum anderen daran, dass wir meistens ohne Auto unterwegs waren und die abgelegenen Gebiete, in denen unberuehrte Natur zu finden war, nicht erreichen konnten. Nichtdestotrotz gibt es biogeographische Leckerbissen auf unserer Indien-Reise.

Indiens Oberflaeche ist sehr vielfaeltig gestaltet. Gestartet haben wir unserer Reise an der Westkueste am Arabischen Meer. Fuer einen kurzen Ausflug ging es ins Dekkhan-Hochland (die Stadt Pune) und dann wieder an die Kueste. Durch die Westghats fuhren wir wieder auf das Dekkhan-Hochland (Bangalore). In Suedindien treffen die beiden Gebirgszuege der Ost- und Westghats im Gebirgsmassiv der Nilgiri-Berge aufeinander, durch die wir auf dem Weg von Myosore nach Coimbatore in einer abenteuerlichen und sehr ruckeligen Busfahrt gefahren sind. Die Haenge der Westghats sind mit immergruenem Wald bestanden, insbesondere Bambus und Edelholzarten wie z.B. Teakholzbaeume.Anschliessend erreichten wir im Bundesstaat Kerala die Malabarkueste, die durch eine intensive gruene Vegetation angezeigt wird. Erneut auf dem Dekkhan-Hochland besuchten wir im folgenden Hyderabat und Jaipur. Die Gangesebene erlebten wir deutlich in Kalkutta, wo wir die im Heiligen Fluss badenden Menschen bestaunten und fotografierten.

Die indische Tierwelt bestand in unserem Fall aus folgenden Tierarten: Gemeiner Makak, Langur (beide Affenarten vor allem entlang von Strassen und in Tempelanlagen), Gaur (wild im Nationalpark = NP), Riesenhoernchen (NP), Hornvogel (in Delhi vor der amerikanischen Botschaft, deshalb konnten wir kein Foto machen), Skorpion (in den Westghats, intensiv gruen gefaerbt), Weissbrustadler (sieht man ueberall), Pfaue (halbwild), Hoernchen (aehnlich wie unsere Eichhoernchen, sowie Streifenhoernchen), Blutegel (Westghat), Kamele (als Haustiere), Axis (NP), Sambar (NP), Geckos (in jedem Zimmer), Eisvogel (ueberall, wo es kleine Gewaesser gibt), Mungos (in Kerala gesehen), diverse Voegel, die wir nicht bestimmen konnten und natuerlich diverse Haustiere, die ueberall herumliefen (bevorzugt auf der Strasse, ueber die wir im rasanten Tempo gerade sausten).

…sozialgeographisch

Als erstes faellt natuerlich auf, dass ueberall Menschen sind. Ob es nun die kuemmerlichen Behausungen entlang der Ausfallstrassen sind, die zusammengewuerfelten  Lehmhaeuser entlang der Bahngleise, die mehr oder weniger heruntergekommenen Hochhaeuser in den Staedten, die weitlaeufigen Anwesen der reichen Mittel- und Oberschicht oder die Plastikplanen und Lumpen, die den Menschen auf der Strasse als Zuhause dienen, ueberall leben Menschen und wuseln zu jeder Zeit um einen herum. Der Grossteil dieser Menschenmasse wird aus Kindern und Jugendlichen gebildet. Betrachtet man das Geschlechterverhaeltnis der Leute auf den Strassen, so kann man feststellen, dass vielmehr Maenner als Frauen unterwegs sind. Frauen verlassen die Haeuser eher weniger, sie verbringen die meiste Zeit des Tages mit kochen. Indische Gerichte bestehen aus vielen kleinen Einzelteilen, die in stundenlangen Kochaktionen zubereitet werden. Wir haben viele Familien kennengelernt, was uns einen guten Einblick in die indische Familienplanung gegeben hat. In der Mittel-und Oberschicht  werden ein oder zwei Kinder als ausreichend angesehen. Als Argument dafuer wird oft angegeben, dass die Ausbildung der Kinder sehr teuer ist und dass es in Indien mehr als genug Menschen gibt, das Land stehe in der Zukunft vor einem imensen Platzproblem. Entstehen durch Hochzeiten neue Familien, ist ein Kind auf jeden Fall gewuenscht, alle weiteren haengen davon ab, ob genug Geld da ist. Ein Rikschafahrer in Jaipur erzaehlte uns voller Stolz von seiner Frau und seinem kleinen Sohn.Auf die Frage,ob er noch mehr Kinder haben wolle, sagte er, erst muesse er etwas Geld verdienen, dann koenne man weitersehen.

Was uns im indischen Familienleben immer gewundert hat, ist, dass die Mitglieder einer Familie so gut wie nichts zusammen machen. Es gibt keine wirklichen Hobbies. Der Fernseher laeuft den ganzen Tag und die Kinder bzw Eltern sitzen lange Zeit am Tag stumm davor und schauen sich indische Seifenopern an. Hin und wieder macht ein Kind etwas Sport, der Sohn aus der Familie in Bangalore spielte mehrmals die Woche Basketball. Selbst in sehr westlich orientierten Familien existiert auch noch die alte Tradition, dass die Frauen ihren Maennern und Kindern das Essen auf die Teller geben  und selber erst essen, wenn alle anderen fertig gegessen haben. Eine richtige Familienzusammenkunft am Esstisch wie wir das aus Deutschland kennen gibt es hier nicht. Ein Leben, wie Inder es fuehren, wuerden viele Deutsche als unendlich langweilig empfinden, da arbeiten, kochen, fernsehen und zur Schule gehen oft die einzigen Beschaeftigungen sind. Nicht desto trotz ist die Familie das hoechste Gut und die wichtigste Insitution fuer Inder. Sehr oft leben drei oder sogar vier Generationen unter einem Dach, jeweils ein Zimmer fuer jede und zusaetzlich einWohnzimmer und eine Kueche. Indische Eltern sehenes am liebsten, wenn ihre Kinder zusammen mit ihren Ehepartnern und den Enkelkindern im gleichen Haus leben oder sich zumindest in unmittelbarer Naehe zum Elternhaus niederlassen.

Das wichtigste Ereigniss in jeder Familie ist die Hochzeit. Fuer die prunkvolle und mit unmengen  von Gaesten (oft bis zu tausend) versehene Feier wird sehr viel Zeit, Arbeit und Geld investiert. In fast jeder von uns besuchten Familie durften wir Hochzeitsbilder und –videos der jeweiligen Soehne und Toechter bestaunen. In der indischen Gesellschaf wird auch heute noch viel Wert darauf gelegt, dass die zukuenftigen Ehepartner aus der gleichen Kaste und sozialen Schicht kommen. Die Eltern haben zwar nicht mehr in jedem Fall das letzte Wort, ob eine Verbindung bestehen darf oder nicht, dennoch ist oft deren Einverstaendniss die Vorraussetzung fuer eine Hochzeit. Eine individuelle Paarfindung ist in Indien sehr schwer. Wohnen die Kinder bei ihren Eltern, ist eine Privatsphaere nicht vorhanden. Aus diesem Grund sind alle oeffentlichn Parks und modernen Fast-food-Restaurants von Paerchen bevoelkert, die ein paar Stunden “Alleinsein” geniessen. Diese Tatsache fuehrt dazu, dass arrangierte Hochzeiten, so fremd es fuer unsere Ohren auch klingen mag, die beste Moeglichkeit sind, Ehepartner kennenzulernen. Gerne gesehen ist es, wenn die Kindern von guten Freunden heiraten. So weiss man genug ueber die soziale Stellung, Ausbildung, finanzielle Situation und Gesinnung der Familie des jeweiligen Ehepartners. Seit einigen Jahren gibt es aber die Tendenz, dass Kinder jemanden heiraten, der im ersten Moment nicht von den Eltern und der uebrigen Familie akzeptiert wird. Dass haengt auch unter anderem damit zusammen, dass die Kinder in grosser geographischen Entfernung zu ihren Eltern studieren oder arbeiten und so ihren eigenen Freundeskreis mit potentiellen Heiratspartner unabhaengig von sozialen oder fianziellen Stellungen aufbauen. Selbst wenn die Eltern nicht der Hochzeit zustimmen und dementsprechend negativ dem angeheirateten Familienmitglied gegenueberstehen, ist, sobald das erste Enkelkind da und in den Armen der Grosseltern gewiegt worden ist, alles wieder in Butter.

Sehr viele indische junge Erwachsene arbeiten in der IT-Branche. Vor allem amerikanische Unternehmen lassen ihre Servicearbeit von Indern ausfuehren, weil diese gut ausgebildet sind aber ein geringeres Gehalt als Amerikner “benoetigen”. Die Jobaussichten fuer gut ausgebildete Inder der Mittel-und Oberschicht sind in Indien nicht sehr gut, weshalb oft der einzige Ausweg ein Auswandern nach Amerka ist. In fast jeder Familie der Mittel- und Oberschicht gibt es mindestens ein Familienmitglied, das in Amerika arbeitet oder studiert.

Bewegt man sich auf Indiens Strassen, wird man mit dem oft harten Alltag der Bevoelkerung konfrontiert. Das komplette Leben spielt sich hier ab. Geschlafen wird in jeder nur erdenklichen Stellung, ob nun auf dem Buergersteig unter einer duennen Decke liegend, auf dem Fahrersitz einer Fahrrad- oder Autorikscha oder auf Marktstandtischen. Es gibt in den Staedten unzaehlige oeffentliche Wasserstellen, wo die Menschen duschen, sich waschen und Zaehne putzen koennen. An jeder Ecke gibt es kleine Marktstaende, an denen unterschiedliche Gerichte, meist frittierte Teigtaschen mit Gemuese gefuellt, verkauft werden. Obst und Gemuese gibt es in den verschiedensten Formen und Farben, durch einen Lebensmittelmarkt zu schlendern ist ein unvergessliches Abenteuer. Der Lebensstandart ist im Grossteil der Bevoelkerung sehr niedrig. Viele Frauen laufen mit ihren Babies auf dem Arm durch die Strassen und betteln. Auch Kinderarbeit ist weit verbreitet. An grossen Kreuzungen verkaufen Jungen und Maedchen unter anderem Buecher, Zeitschriften, Luftballons und kleine Snacks. Wir waren etwas ueberrascht, dass sich die Bettelei unserer Meinung nach sehr in Grenzen gehalten hat. Bevor wir aus Deutschland gestartet sind, hatte wir etwas Bedenken, mit unserem grossen Gepaeck durch die Gegend zu laufen. Wir haben uns vorgestellt, dass wir sehr agressiv angebettelt werden, weil wir “so viel” haben und die anderen nichts. Unsere Bedenken waren aber ueberfluessig. Natuerlich wird man angebettelt, da man als Weisser automatisch als reich gilt (was ja oft auch zutrifft) und vor allem Kinder laufen oft neben einem her und ziehen einen am Arm, lassen sich aber relativleicht abschuetteln. Geld haben wir in unserem ganzen Aufenthalt keinem Bettler gegeben. Unserer Meinung nach unterstuetzt man die Bettelei nur, wenn man den Kindern Geld gibt, weil die Eltern es dann fuer lukrativer halten, ihre Kinder auf die Strasse zum Betteln zu schicken anstatt in die Schule. Viele Einheimische haben uns auch gesagt, dass wir Kindern kein Geld geben sollen.

Inder sind grundsaetzlich sehr freundlich und sehr hilfsbereit. Wir haben es unzaehlige Male erlebt, dass wir etwas orientierungslos auf der Strasse standen  und in unsere Stadtplaene oder auf unsere Adressenzettel gestarrt haben. Nach maximal 2 Minuten waren wir von Indern umzingelt, die ihre Handys gezueckt hatten und bei unseren Freunden angerufen haben, um herauszufinden, wie man am besten zu deren Haeusern kommt. Wenn mann allerdings nach demWeg fragt, sollte man immer moeglichst viele Meinungen einholen, da sich in 90% der Faelle die Richtung, die man einschlagen soll, um 180 Grad aendert. Bei einer gewissen Anzahl von Meinungen kristallisiert sich dann die wahrscheinlich richtige Richtung aus.

…fremdenverkehrsgeographisch

Die Transport- Infrastruktur in Indien ist hervorragend. Von einer Stadt zur anderen zu kommen ist ueberhaupt kein Problem. Alle mittelgrossen und grossen Staedte sind dem Schienenverkehrsnetz angeschlossen und die Preise sind so niedrig, dass man sich fragt, wie das ueberhaupt moeglich ist. Fuer die Distanz von 1400 km, d.h. von Hyderabad nach Delhi, haben wir umgerechnet 9 Euro gezahlt. In den Zuegen gibt es verschiedene Klassen. Die wichtigsten sind “second sleeper” und “first class”. Letzteres ist mit A/C inklusive kleinem Handtuch und Decke. Indische Zuege sind voll und ganz auf Lange-Distanz-Reisende eingestellt. In drei Lagen ist man uebereinander gestapelt, die beiden unteren Lagen werden am Abend ausgeklappt, wenn man schlafen gehen will. In jedem Zug ist eine Kueche und das Personal laeuft den ganzen Tag herum und bietet Kaffee, Tee, warme Mahlzeiten und diverses Kabberzeug an.

Busse sind ebenfalls ein gutes Transportmittel. Sie sind zwar teurer als Zuege, weil sie meist von privaten Firmen sind, aber man ist sehr mobil. Ueberall in den Strassen bieten kleine Laeden Busfahrten an, die miestens am Abend starten und ueber Nacht gehen. Fuer das Zeitmanagament ist es hervorragend, wenn man ueber Nacht die Stadt wechseln kann und im Morgengrauen einige hundert km weiter aufwacht. Fuer den Koerper ist diese Art der Fortbewegung die anstrengenste, weil man auf Grund der sehr schlechten Strassen nicht wirklich zum schlafen kommt und dementsprechend muede ist, wenn man am Ziel ankommt. Fuer Auslaender ist es nicht immer einfach, herauszufinden, wo man aussteigen muss, da die Busse quasi auf Zuruf halten. Da die Staedte bzw. Vororte  sich entlang der Ausfallstrassen (und der Bahngleise) km weit ins Land schlaengeln, ist diese Methode der Bushaltestellenwahl die beste. Wenn man aber nicht weiss, wo man selber aussteigen muss, verkompliziert das die Sache ungemein. Im Zweifelsfall bleibt man so lange sitzen, bis der Busfahrer einen rauswirft, weil man den Zielbusbahnhof erreicht hat.

Ebenso wie die Transportinfrastruktur von Menschen ist diejenige von Informationen. Internetcafes gibt es in jeder mittelgrossen und grossen Stadt wirklich an jeder Ecke. Meist sehen die Haeuser von aussen so heruntergekommen aus, dass man sich gar nicht vorstellen kann, dass dort Computer mit einem Internetzugang stehen, aber entsprechende Werbung an Fenstern und Tueren weisst darauf hin. In aussnahmslos allen Internetcafes, in denen wir waren,  war die Verbindung hervorragend, schnell, zuverlaessig und realtiv billig. Eine Stunde kostet zwischen 30 und 50 Cent.

Die Staedtestruktur ist jedoch eine wahre Touristenfalle. Selbst wenn man mit Stadtplan in der Hand durch die Strassen laeuft, tut man gut daran, sich nicht unbedingt darauf zu verlassen.  Abgesehen von wichtigen und grossen Hauptstrassen gibt es unzaehlige kleine und mittelgrosse Strassen, Straesschen und Gassen, die kreuz und quer das Haeusermeer durchziehen und einen, wenn man ihnen folgt, zu den spannendsten und interessantesten Gegenden mitten hinein in den indischen Alltag fuehren. Einen Staedteplaner hat es aber in die meisten dieser Orte wohl nie verschlagen. Man hat den Eindruck, als wuerde jeder, der ein Haus bausen will, es dort hinbauen, wo es ihm gerade gefaellt.

Wenn man durch die Strasen schlendert, faellt einem auf, dass sich oft in bestimmten  Strassenzuegen ein bestimmter Handwerkszweig niedergelassen hat. In einer Strasse findet man von der kleinsten Schraube ueber diverse Werkzeuge bis hin zu ausgebauten Motoren und sonstigen Karosserieteilen alles aus dem Bereich Metall- und Auto- Zubehoer. Eine Strasse weiter hat sich die Plastikabteilung angesiedelt, wo man Rohre und sonstige Ausruaestungsgegenstaende aus Plastik findet. Wieder ein Stueck weiter laeuft man hunderte Meter entlang von kleinen Laeden, die selbstgestaltete Grusskarten aus wunderschoenem Papier anbieten. Die Assoziation zum mittelalterlichen europaeischen Zunftsystem liegt da sehr nahe. Zusaetzlich zu den unendlich vielen kleinen einheimischen Laeden machen sich immer mehr internationale oder auch einheimische Grossmaerkte bzw shopping malls  breit, die ein westliches Wahrenangebot inclusive McDonalds und KFC haben. Dem Einkommen vieler Inder entsprechend herrscht dort im Gegensatz zu den Strassenmaerkten mehr oder weniger gaehnende Leere. Selbst fuer uns waren Kleidung und sonstige Modeartikel dort zu teuer zum einkaufen. Die in solche Komplexe integrierten Lebensmittelmaerkte haben wir aber oft genutzt, da es dort fertig abgepackte Sachen wie z. B. Kekse gibt, die eine handliche und saettigende Wegzehrung fuer dieverse 10- oder 15- stuendige Busfahrten darstellen.

Im allgemeinen kann man sagen, dass indische Staedte sehr dreckig sind. Das liegt hauptsaechlich daran, dass es auf den Strassen keine Muelleimer gibt. Der ganze Muell wird einfach auf die Strasse geworfen. Da aber jeder Ladenbesitzer den Strassenabschnitt vor seinem Laden jeden Morgen fegt, wird eine totale Vermuellung der Staedte verhindert. Anschliessend werden ueberall auf der Strassse kleine Lagerfeuer eingerichtet, in denen der Muell verbrannt wird. Fuer uns war es etwas gewoehnungsbeduerftig, unseren Muell einfach so in die Landschaft zu werfen, besonders das Werfen aus dem fahrenden Zug heraus, aber mit ein bisschen Uebeung und nach einer gewissen Eingewoehnungzeit ging uns das ganz leicht von der Hand.  Der dreckige Eindruck der Staedte kommt aber auch dadurch zustande, dass der Grossteil der Haeuser von aussen sehr heruntergekommen und verwahrlost ist. Man darf nicht vergessen, dass ein Grossteil der indischen Bevoelkerung sehr arm ist und sich deshalb eine Instandhaltung der Behausungen nicht leisten kann. Oft ist aber die Fassade eines Hauses nicht besonders ansprechend, die sich darin befindenden Wohnungen aber umso mehr. Wir hatten den Eindruck, dass man so ein Ausrauben der zum Teil wertvollen Einrichtungsgegenstaende verhindern will.

Was uns sehr ueberrascht hat ist der absolute unbeschreibliche Handy-Wahn, der in ganz Indien herrscht. Abgesehen von den wirklich armen Familien, die auf der Strasse leben, verfuegt die Jugend bzw die indische Familie der Mittel- und Oberschicht ueber Handys in europaeischem bzw. amerikanischem Ausmass. Unser absolutes Highlight war eine indische Familie, bestehend aus Vater, Mutter und erwachsenem Sohn, die mit uns im Zug von Hyderabat nach Delhi gefahren sind. Abgesehen von der Zeit, in der alle Familienmitglieder geschlafen haben, klingelte entweder eines der drei Handys oder einer der drei rief jemanden an. Da die Fahrt 28 Stunden gedauert hat, konnten wir gute Einblicke in die indische Telefonierwuetigkeit gewinnen. Auf der anderen Seite darf man aber nicht unerwaehnt lassen, dass uns oft ein bereitwillig dargereichtes Handy den Weg zu unserem jeweligen neuen Zuhause geebnet hat.

Vom touristischen Standpunkt aus betrachtet bietet Indien eine unueberschaubare Anzahl von Sehenswuerdigkeiten, die zu besuchen es sich in jedem Falle lohnt. Hervorzuheben sind an erster Stelle sicher die Tempel, deren kunstvolle Gestaltung und Ausschmueckung jeden erfurchtsvoll verharren laesst. Indiens uralte Kultur hat viele Bauwerke geschaffen, die auch in heutiger Zeit noch relative gut erhalten sind. Viele Festungen und sonstige Anlagen laden zu Erkundungen ein. Der indischen Regierung ist die starke Anziehungskraft der Sehenswuerdigkeiten natuerlich nicht verborgen geblieben und so wird man als Tourist kraeftig zur Kasse gebeten. Oft hatten wir erlebt, dass der Eintrittspreis fuer Einheimische 5 Rupies betrug, waehrend Touristen 250 Rupies (das sind ungefaehr 5 Dollar) zahlen mussten. Natuerlich koennen sich die meisten Touristen diese Preise leisten, aber wir haben des oefteren zur Schonung unseres schmalen Geldbeutels auf den Besuch dieser Sehenswuerdigkeiten verzichtet.

…in der Zusammenfassung

Indien ist ein Land wie kein anderes auf der Welt. Wir stehen zwar erst am Anfang unserer Weltreise (dieser Artikel wurde in Thailand zu Ende geschrieben), aber das Land hat uns im besonderen Masse beeindruckt. Die Freundlichkeit der Menschen, die Farbenpraechtigkeit der Sarees, die einzigartigen Tempelanlagen, das vielfaeltige Essen und nicht zuletzt die unterschiedlichen und traumhaften Landschaften haben uns das Bild eines Indien vermittelt, das wir Zeit unseres Lebens nicht vergessen werden. Uns ist besonders aufgefallen, dass Indien so viele unterschiedliche Gesichter hat, dass das jeweilige Indienbild eines Reisenden davon abhaengt, mit welcher Intention er nach Indien gereist ist welche Menschen er unterwegs getroffen hat. Dabei liegen gute und schlechte Erfahrungen eng nebeneinander. Bei uns haben eindeutig die positiven Aspekte ueberwiegt, aber oft kann man Reisende treffen, denen Indien ueberhaupt nicht gefallen hat. In unserem Reisefuehrer gibt es dazu einen ganz passenden Satz: “Entweder man hasst Indien oder man liebt es.”

Wir haben es eindeutig lieben gelernt.